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*) Vielleicht hätte ich hier als Ersten den nun längst verstorbenen
Herrn Professor Josef Petzval nennen müssen, der sich schon in den
sechziger Jahren bei seinen Vorlesungen an der Wiener Universität
eines Instrumentes mit mehr als 12 Stufen bediente. Doch will es mir
scheinen, als ob die Bestrebungen dieses originellen Kopfes doch mehr
darauf hinausliefen, unser altes System hinsichtlich seiner Reinheit zu
verbessern, als es durch neue Tonstufen zu bereichern. Denn auf seinem
Klavier (übrigens auch auf seiner "Guitharfe", einem völlig neuen
Instrument) konnte man ausser mit 12 auch noch mit 31 Stufen
musizieren,
so dass hier von *Viertel*tonmusik kaum die Rede gewesen sein dürfte.
Ich selbst habe von den Arbeiten dieses musikalisch gebildeten
Akustikers, der, nebenbei bemerkt, zuvor als Optiker durch Erfindung
des
Anastigmaten berühmt geworden war, erst im Januar 1917 gelegentlich
meiner Anwesenheit in Wien durch die Herren Alfred Finger, Ing. Gerbel
(Physiker), Dr. Ludwig Erményi ("Der Merker") und Ludwig Karpath
("Neues Wiener Tagblatt") Kenntnis erhalten.
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*) Perhaps I would have had to call the now long-deceased
professor Josef Petzval here as first, already in the 1860s
with his lectures at Vienna University he availed himself of
an instrument with more than 12 steps. But it seems to me
as if the efforts of this original heading nevertheless were
more towards improving our old system regarding its purity,
than to enrich it with new tone steps. Because on his piano
(by the way also on his "Guitharp", a completely new instrument)
one could make music either with 12 or with 31 steps,
so that one could hardly speak of quarter-tone music here.
I have from the work of this in music educated acoustician, who notices, besides, had become famous before as an optician by the invention of anastigmatic lenses, only received knowledge in January 1917 during my occasional presence in Vienna by the gentlemen Alfred Finger, Ing. Gerbel (Physicists),
Dr. Ludwig Erményi ("Der Merker" ["The Flag"]) and Ludwig Karpath
("Neues Wiener Tagblatt" ["New Viennese Daily"]).
[- 52 -]
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auch viele Proben für *Harmonie*folgen mit Vierteltönen.
Für seine Experimente hatte sich Stein die Saiten eines
gewöhnlichen Klaviers in Vierteltöne umstimmen lassen,
aber die üblichen Tasten beibehalten. Von einem eigentlichen
Musizieren konnte auf solchem Instrument natürlich
nicht die Rede sein, denn schon der Griff _c_-_fis_ z. B.
verlangte hier ja dieselbe Spannung oder, was dasselbe ist:
fiel auf dieselben Tasten wie die bisherige Oktave _c_-_c_.
Stein hat das Klavier denn auch bald wieder in seinen
ursprünglichen Zustand zurückversetzen lassen. Als erstes
Vierteltonklavier, d. h. als ein neues Musikinstrument, kann
man es jedenfalls kaum bezeichnen. Wird doch auch
niemand z. B. eine Geige, deren Saiten irgendwie anders
als üblich gestimmt sind, als neues Instrument gelten
lassen. Ich persönlich habe Steins Versuchsklavier übrigens
weder zu Gesicht noch zu Gehör bekommen, ebensowenig
wie eine Klarinette mit Vierteltönen, die er später
konstruiert hat.
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also many examples of harmonic progressions
with quarter tones. For his experiments Stein had the strings of
a normal piano retuned to quarter-tones, but kept the usual keys.
Of course there was no mention of actual music-making
on such an instrument since the fingering for c-f# e.g. already required the same
span or (amounting to the same thing) came to lie on the same keys as the old octave c-c.
Stein soon had the piano redone to its original state.
One can hardly call it the first quarter tone piano, i.e., a new musical instrument.
Just as unlikely would a violin whose strings are tuned in an in any way different way
than usual pass as a new instrument.
I myself have neither seen nor heard Stein's experimental piano,
nor a quarter tone clarinet he designed later.
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Im Jahre 1911 liess sich Herr Andreas Stanislaus
Milaszewski-Lemberg ein Vierteltonklavier mit neuer Tastatur
in Österreich patentieren. Vom Vorhandensein dieses
Patentes habe ich erst Anfang 1917 in Wien Kenntnis
erlangt. Über den praktischen Wert des Klaviers vermag ich
jedoch leider nichts zu sagen, da mir Frau Baronin Fischer
als Beauftragte des "Österreichischen musikpädagogischen
Reichsverbandes" nur Zeichnungen und Schriften Milaszewskis
vorlegen konnte. Natürlich war ich aber durch diese
Mitteilung aufs angenehmste überrascht. Verfolgte hier doch
noch ein anderer Mann ganz ähnliche Ziele wie ich. Mag
er sie nur getrost weiter verfolgen!
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In the year 1911 Mr. Andreas Stanislaus Milaszewski-Lemberg
had a quarter-tone piano with a new keyboard patented in his name in Austria.
I only gained knowledge of the existence of this patent in
the beginning of 1917 in Vienna. but I am unable to say anything about
the practical value of the piano,
since Baroness Fischer as commisioner of the "Österreichischen musikpädagogischen Reichsverband" ["Imperial Austrian federation of music educators"]could only
produce Milaszewski's drawings and writings for me.
Naturally, however, I was most pleasantly surprised by this message.
Another man pursued targets quite similar to mine. May he pursue them further
with confidence!
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Im Jahre 1912 nahm Herr Organist Mager in Aschaffenburg
dann den Gebrauchsmusterschutz auf ein von ihm
konstruiertes Harmonium mit Vierteltönen. Auch dieses
Instrument habe ich weder gesehen noch gehört. Von seiner
Existenz erfuhr ich erst durch die Presse, als ich meine
eigene Klaviatur bereits zum Patent angemeldet hatte. Meine
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Then, in 1912, the organist Mr. Mager in Aschaffenburg registered
a harmonium with quarter-tones, designed by him, as a trade mark.
This instrument, too, I have neither heard nor seen.
I only learned of its existence from the press when I had already
filed the patent for my own keyboard.
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begreiflichen Befürchtungen betreffs "Kollisionsgefahr"
zerstreute Herr Mager selbst sehr bald durch die Mitteilung, dass
es sich bei seiner Erfindung um ein Harmonium mit zwei
Manualen, d. h. mit den zwei üblichen Klaviaturen handle,
deren obere nur einen Viertelton höher gestimmt sei. Für
Versuchszwecke wird dies Instrument also sicher schon
besser geeignet sein wie Steins nur umgestimmtes Klavier,
für ein künstlerisches Spiel dürfte es jedoch ebensowenig
in Frage kommen. Übrigens hat Herr Mager seine Ergebnisse
in einer kleinen Broschüre: "Vierteltonmusik" niedergelegt,
die er unlängst im Selbstverlag hat erscheinen lassen.
ch wünsche ihm das Allerbeste auf den Weg!
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My understandable apprehensions about a "danger of collision"
were diverted very soon by a message from Mr. Mager explaining
that his invention was a harmonium with two keyboards, i.e.,
with the two common keyboards, the upper of which was tuned a quarter tone higher.
For experimental purposes this instrument will surely be more suitable
than Stein's simple retuned piano, for artistic playing, however,
it would not be a better option. By the way, Mr. Mager has written down
his results in a small brochure: "Quarter Tone Music",
which he published himself recently.
I wish him the very best on his way!
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Das Deutsche Reichs-Patent auf meine Klaviatur wurde
mir dann, als "mit dem 26 Mai 1914 beginnend", am
14 Juli 1915 erteilt *). Mit dieser Klaviatur war nun endlich
ein Gedanke verwirklicht, den ich schon seit meiner frühesten
Jugend mit mir herumgetragen hatte. Irgendwelche
äusseren Einflüsse kommen für das Entstehen dieses
Gedankens sicherlich nicht in Frage. Doch will ich gern
zugeben, dass Steins Arbeiten immerhin *beschleunigend* auf
meine eigenen eingewirkt haben; denn erst nachdem ich
Steins bereits erwähntes Opus kennen gelernt hatte, machte
ich mich (nach einem früher aufgebenen Versuch) endlich
ganz energisch daran, diesen meinen Gedanken in die Tat
umzusetzen. Zuerst sollte das übrigens mit Stein gelingen,
schliesslich ist es aber auch ohne Stein ganz gut gegangen.
Irgendwelche fremde Ideen habe ich auch bei *Ausführung*
meines Planes auf keinen Fall benutzt.
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The German Reichspatent for my keyboard was granted me
on 14 July, 1915, "from 26 May, 1914 on" *).
This keyboard finally was the realization of a thought
I had been harboring from my earliest youth.
Surely there aren't any external influences responsible for developing
this idea. But I will admit gladly that Stein's
work had indeed an *accelerating* influence on my own;
for only after I had learned of Stein's already mentioned
opus, I (after an earlier, abandoned attempt)
finally buckled up to put into practice this thought of mine.
By the way, the first attempts were meant to succeed with Stein,
but finally it turned out quite well without
Stein. I certainly did not use any foreign ideas in the *execution* of my plan.
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*) In Österreich und Ungarn ist die Klaviatur zum Patent
angemeldet.
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*) The keyboard is patented in Austria and Hungary.
Ich muss aber noch erwähnen, dass ich mich trotz
Dr. Richard H. Stein vielleicht doch noch nicht an die
Arbeit gemacht hätte, wenn mir nicht schon einige Jahre
vorher ein Blatt der "Münchener Neuesten Nachrichten" mit
einem Artikel des Herrn Kammervirtuosen Professor Heinrich
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However, I just have to mention that, despite Dr. Richard H.
Stein, I might nevertheless never have applied
myself to the job if I hadn't encountered, some years before, a page of the
"Munich Latest News" with an article of Chamber Virtuoso Professor Heinrich
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[- 54-]
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Schwartz in die Hände gefallen wäre, in welchem dieser,
übrigens nur beiläufig, etwa bemerkte: das einzige Mittel,
unserer darniederliegenden musikalischen Produktion wieder
auf die Beine zu helfen, wäre die Einführung von Vierteltönen.
Diese paar Worte haben damals geradezu wie ein
Weckruf auf mich gewirkt, und ich halte es deshalb für
meine Pflicht, dem Herrn Professor hierdurch nunmehr
endlich meinen Dank für dieses grosse Wecken auszusprechen.
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Schwartz, where he remarked, rather casually by the way,
that the only way to help our languishing musical production
get back on its feet would be the introduction of
quarter tones. These few words affected me almost like
a wake-up call at that time, and therefore I consider it my
obligation to finally express
my thanks for this great awakening to the Professor.
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Und auch noch einem anderen Manne will ich hier
gleich meinen Dank abstatten, dem Manne nämlich, ohne
dessen tatkräftige Hilfe ich "trotz allem und allem" auch
heute noch nicht im Besitz eines brauchbaren Instrumentes
mit Vierteltönen wäre; es ist dies mein lieber alter Freund
und Gönner, Herr Fabrikant Friedrich Reul in Kassel, ein
Mäzenas, wie es ihrer nur wenige gibt!
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And there is still another man to whom I want express
my thanks here, a man without whose energetic
assistance "in spite of everything" I would not
possess a useful quarter tone instrument today;
it is my dear old friend and sponsor,
the manufacturer Mr. Friedrich Reul in Cassel, a maecenas
the like of which there are only few!
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Wenn ich nun noch erwähne (nach Stein übrigens),
dass bereits im Jahre 1908 Herr Königlicher Musikdirektor
Lorenz Spengler-Kassel in einer Messe eigener Komposition
seinen a-cappella-Chor "Musica sacra" Vierteltöne hat singen
lassen, und sich dabei in der Notenschrift des Plus- und
Minus-Zeichens für die neuen Stufen bediente, so glaube
ich damit alles bisher praktisch Erreichte gewissenhaft
aufgezählt zu haben *).
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I think I will have enumerated all the practical achievements conscientiously
if I also mention (following to Stein, by the way),
that in 1908 already the Royal Music Director
Lorenz Spengler-Kassel had his a-cappella-choir "Musica sacra" sing quarter tones
in a mass of his own composition,
availing himself of plus and minus signs for the notation of the new steps *).
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*) Nach Busoni soll vor einigen Jahren ein Dr. Cahill in Amerika
eine Riesenorgel erbaut haben, auf der man nicht bloss mit
*Viertel*tönen, sondern mit *sämtlichen* überhaupt möglichen
Zwischenstufen
zwischen sämtlichen Halbtönen musizieren kann. Genaueres ist mir
darüber aber nicht bekannt.
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*) According to Busoni one Dr. Cahill in America is said to have
built a giant organ some years ago, where it is possible make music not only with
*quarter* tones, but with *every* possible intermediate steps between all the
semitones.
However I do not know any more about it.
Nun zu dem Vielen, was uns in Sachen Viertelton die
Zukunft noch bescheren soll.
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Now on to the many things relating to quarter tones that are waiting for us in the future.
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Zunächst wünschen wir da natürlich: ein Klavier mit
Vierteltönen. Nun, ich denke, das wird auch nicht mehr
allzulange auf sich warten lassen. Eine brauchbare
Klaviatur wäre da, und alle übrigen Schwierigkeiten der
Konstruktion sind schliesslich nicht unüberwindlich. Bei der
Erbauung des lenkbaren Luftschiffes waren jedenfalls mehr
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The first thing we would like to have is, of course: a piano with
quarter-tones. Well, I think thatwe won't have to wait long for that.
A practical keyboard exists, and all the remaining difficulties in its construction
are after all not insurmountable. Building the dirigible
airship certainly posed more and more complicated problems,
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[- 55-]
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und verwickeltere Probleme zu lösen. Und sie *sind* gelöst
worden. Wo ein Wille, da ist auch allemal ein Weg!
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and they are solved now.
Where there is a will, there is a way!
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Schwierigkeiten der Konstruktion fallen bei den
Streichinstrumenten dagegen vollständig fort, denn auf ihnen lassen
sich im Prinzip ohne weiteres auch alle Vierteltöne greifen.
Freilich: um die neuen Stufen nun jederzeit und in allen
Lagen sauber intonieren zu können, ist aber doch wieder
ein neues und gründliches Studium nötig. Also nur für die
Spieler, nicht für die Erbauer der Instrumente gibt es hier
Schwierigkeiten zu überwinden, und zwar keine geringen!
Aber: wir haben Zeit! Denn auch von den Komponisten
werden ja die Vierteltöne nicht von heute auf morgen
übernommen und auch nicht gleich massenhaft in Reinkultur
gezüchtet werden. Da wird also wohl die Praxis schon
noch gleichen Schritt mit der Theorie halten können.
Gewöhnlich war ja nun allerdings die Praxis der Theorie weit
voraus. Wir dürfen deshalb hoffen, dass es *schliesslich*
auch hier so kommt, dass also eines Tages unsere vortrefflichen
Geiger, Cellisten usw. gewandter im Spielen als die
Komponisten im Setzen von Vierteltönen sein werden.
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Difficulties in the construction of string instruments, on the other hand,
do not exist at all, because all the quarter tones can be stopped on them.
Certainly a new and thorough study will be necessary again in order
to be able to intone the new scale steps well at any time and in all
positions. So the players only, not for the designers of the
instruments have to overcome difficulties here, and no
small ones! But: we have time! For the composers won't either
adopt the quarter tones immediatly, and they won't be breeding unadultered multitudes of them.
Practice will probably be able to keep in step with the theory here.
Normally, however, practice has always been far ahead of the theory.
We may therefore hope, that it *finally* will turn out similarly here,
so that one day our splendid violonists, cellists etc. will be more adroit in playing
the quarter tones than the composers will be in setting them.
|
Ähnlich wie bei den Streichern liegen die Verhältnisse
bei unseren Sängern. Auch diese werden eifrig studieren
müssen, wenn sie *größere* bichromatische Intervalle
bewältigen wollen. (Der einfache Vierteltonschritt ist, wie
gesagt, ganz leicht zu singen!) Aber unser Kampfruf:
"Immer langsam voran!" darf ja glücklicherweise für die
ganze Front gelten. Da wird also wohl auch unsere tapfere
Landwehr der Kehle noch mitkommen können!
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With our singers the conditions are similar to the strings.
They also will have to study industriously if they want to master
any *larger* bichromatic intervals. (The simple quarter tone step, as has been said,
can be sung quite easily!) But our combat call: "slow
and steady!" fortunately may apply to the whole front. Our
courageous veteran resistance of the throat might still have a chance to come along!
|
Bei den Holzblasinstrumenten *) dürfte die Einführung von
Vierteltönen gleichfalls einige Schwierigkeiten bereiten.
Jedoch: eine bichromatische Klarinette ist ja bereits da. Da
wird sich alles weitere auch hier schon allmählich finden.
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With woodwind instruments *) the introduction of
quarter tones might also cause some difficulties. However:
there is already a bichromatic clarinet. In due course everything else
will follow.
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*) Mit Albert Friedenthal möchte ich hierfür übrigens die
Wiedereinführung der knappen altdeutschen Bezeichnung "Zinken"
vorschlagen.
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*) Following Albert Friedenthal I would like to suggest for these
re-establishing the concise old-German
designation of "cornetto",
by the way.
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Trompeten und Hörner brauchen dagegen nur noch ein
einziges neues Ventil zu bekommen. Für diese ist die Frage,
wie für alle Ventilinstrumente, also sicherlich am leichtesten
zu lösen.
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Trumpets and horns in contrast only need to get one
new valve. For these as for all valve instruments the question
can certainly be solved most easily.
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Bei den Posaunen hinwiederum ist nur ein weiteres
Studium der Herren Bläser nötig, dann werden auch sie
eines Tages alle Vierteltöne "drauf" haben.
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With the trombones again, only a further study by the
messrs. trombonists is necessary, and they also will be
well up in all the quarter-tones one day.
|
Um keinen zu vergessen: auch die Herren Kesselpauker
werden nun wohl allmählich Vierteltöne intonieren lernen
müssen. Aber ihnen dürfte das nur wenig ausmachen. Denn
gerade von den Paukern verlangt man schon heute beim
Einstimmen ein so feines Gehör, daß es ihnen auf die
paar lumpigen neuen Intervalle dabei auch nicht mehr
ankommen wird.
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And not to forget anybody: the messrs. kettledrummer
also will now probably have to learn to tune
quarter tones gradually. But it should bother them just a little.
For even today such a fine ear is required from the timpani players
that joining in that they won't mind a few more trifling intervals.
|
Am allerbesten wären bei der ganzen Neuerung aber
zweifellos die Herren vom übrigen Schlagzeug daran. Denn
ihnen kann es nach wie vor nur vollkommen gleichgültig
sein, mit was für Tonstufen -- sich das übrige Orchester
herumschlägt!
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Without a doubt it is gentlemen of the remaining percussion section
who will come off best in all this innovation business.
Because they may continue to be perfectly indifferent to
the scale steps -- which the rest of the orchestra is battering about!
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Somit hätte ich in Kürze nun wohl auch alles das
berührt, was uns hier die Zukunft noch zu bringen hätte.
Wie gesagt: es ist viel, viel mehr als das bisher Erreichte.
Aber wenn wir bedenken, welche Riesenfortschritte der
ganze technische Apparat der Musik schon bis heute
gemacht hat, so wollen demgegenüber die Neuerungen,
welche nun durch die Einführung von Vierteltönen noch
notwendig werden, alles in allem doch nur recht wenig
bedeuten. Oder (um nur ein paar Beispiele herauszugreifen)
sollte es für die Geiger wirklich leichter gewesen sein,
endlich dahin zu gelangen, daß sie nun alle künstlichen
Flageolettöne in fast jedem beliebigen Tempo hervorbringen
können, wie es jetzt für sie sein wird, nun auch noch die
neuen Stufen beherrschen zu lernen? Oder für die
Trompetenbauer einfacher, das alte Instrument mit seinen paar
Naturtönen bis zur heutigen chromatischen Trompete
fortzuentwickeln, wie jetzt, nun auch noch die Erzeugung von
|
I think I have probably now touched on everything briefly
that the future still has to bring us. As I said: it is much, much more than
we have achieved so far. But if we consider the gigantic progress the whole
technical apparatus of music has already made, then the innovations which
become necessary now by introducing quarter tones will on the whole not
amount to much. Or should it really have been easier for violinists
(just to pick out a few examples) to finally succeed in producing all
the artificial harmonics at almost any speed than it will be for them now,
when they have to gain control over the additional new steps? Or simpler for the trumpet
builder
to develop today's chromatic instrument from the old one with its few harmonics than to
enable the production of
|
[- 57-]
|
Vierteltönen darauf zu ermöglichen? Nein, gewiß nicht.
Der schwierigere Teil der Arbeit liegt hinter uns! Und um
so sicherer dürfen wir auf die schließliche Bewältigung
auch der neuen Aufgaben rechnen, als ja dabei, ich betone
das immer wieder, die Zeit durchaus nicht drängt. Fünfzig,
und selbst hundert Jahre spielen hier jedenfalls ganz und
gar keine Rolle! Denn was sind selbst hundert Jahre für
die Weiterentwicklung der Kunst und ihrer Werkzeuge?
Nicht viel mehr als ebensoviele Monde im Leben des
Menschen! Es fragt sich dabei immer nur, ob die Einführung
der betreffenden Neuerung *wünschenswert* ist. Ist *diese*
Frage erst einmal bejaht, dann folgt alles weitere geradezu
mit Naturnotwendigkeit. Zuerst allerdings nur "Adagio
molto", dann aber bald "poco a poco accelerando" bis
zum "Prestissimo"!
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quarter tones now? No, certainly not. The more difficult
part of the work lies behind us!
And the more surely may we count on the eventual accomplishment
of the new tasks also, since, as I'm pointing out again and again,
time does not press at all. Another fifty or even a hundred years
make absolutely no difference! For what does even a century mean
for the advancement of the art and its tools?
Not much more than the same number of months in the life of a man!
The only question posed hier continually is just whether the introduction
of the innovation concerned is *desirable*. If *this* question is
affirmed just once, then everything else will follow almost with
necessity of a natural law. True, it will be "adagio molto" first,
soon, however, "poco a poco accelerando" up to "prestissimo"!
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Ist nun aber auch die Einführung von Vierteltönen
wirklich wünschenswert?
|
And is the introduction of quarter-tones really
desirable?
|
Es ist bis heut schon viel darüber gestritten worden.
Von der Mehrzahl wurde die Frage natürlich glatt verneint,
weil -- das am bequemsten ist! Aber das alles war ja
nur ein Streiten "um des Kaisers Bart"! Erst durch mein
Harmonium sind wir nun endlich in der Lage, uns über
diese Frage *wirklich* streiten zu können. Ich, meinerseits,
beantworte sie natürlich mit einem glatten "ja"! Viele
werden mir beipflichten, aber doch wohl nicht alle. Ein
Teil dürfte immerhin auch jetzt noch, nach der Prüfung
"am Objekt", nein! sagen. Das wäre auch weiter nicht
wunderbar. Denn: je brennender noch eine Frage der
Kunst, desto weiter gingen auch von jeher die Ansichten
darüber auseinander. Aber eines wird in Zukunft unmöglich
sein: Es wird keiner mehr mit der Antwort kommen
können: "Ich kann mir unter Musik mit Vierteltönen gar
nichts vorstellen, ich bin deshalb dagegen!" Denn jedem,
der so nach alter lieber Gewohnheit die Sache abtun wollte,
wird man heute zurufen: "Bitte, da ist Möllendorffs
Harmonium, höre dir die Geschichte nun gefälligst erst einmal an,
|
Much has been argued about it until today. Naturally, the question was
answered by the majority in a flat out negative,
because -- it is the easiest way! But all this argument has been about
nothing at all! Only my harmonium now finally enables to *really* debate this question.
I, on my part, will naturally answer it by an all out "yes"!
Many will concur, though hardly all.
It is true that a part may even continue to say "no!" after examining "the object".
This should would not really come as a surprise. For: the more burning a question concerning the arts was, the more the opinions about it diverged. But one thing will be impossible in the future:
It won't be possible any more to come up with the response: "I cannot
imagine anything like a music of quarter tones, therefore I am
against it!" Because everyone, who wanted to dismiss the matter in such
a way, following dear old habit, will be told:
"Please, here is Moellendorff's harmonium, would you be kind enough
to listen to it just once,
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und dann rede!" Wie nun also auch die Antwort auf die
Frage, ob die Einführung von Vierteltönen wünschenswert
ist, lauten möge, ja oder nein, das eine kleine Verdienst
darf meine Erfindung doch jedenfalls für sich in Anspruch
nehmen: eine Erörterung dieser Frage überhaupt erst
ermöglicht und somit auch die Lauesten zu einer Stellungnahme
dazu gezwungen zu haben. Bedeutet dies, wie
gesagt, auch nur einen *kleinen* Schritt vorwärts, so war
dieser Schritt doch der schwerste, weil der erste, und gar
der erste auf einem völlig neuen Wege. Der wäre also
glücklich gemacht! Und dieses Bewußtsein mag den Leser
dieses Büchleins, der mir bis hierher getreulich gefolgt ist,
darüber hinwegtrösten, daß es seine kostbare Zeit wohl
doch etwas über Gebühr in Anspruch genommen hat.
|
and then talk!" Whatever the answer to the question about the desirability
of the introduction of quarter tones may be, yes or no, there is in any case one small
merit to my invention: to have made a discussion of this question possible at all,
thus forcing even the most lukewarm to a statement. If this, as I said, only means one
*small* step forward, it was nevertheless the hardest step to take, because it was the first,
and the first in a completely new direction. So this one has luckily been made! And this
thought may be a consolation to the reader of this booklet who has faithfully followed me
this far for probably having taken a little too much of his precious time.
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