(Möllendorff - Musik mit Vierteltönen)
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(Moellendorff - Music With Quarter Tones)
English translation ©2001 by Klaus Schmirler
webpage and MIDI-files ©2001 by Joe Monzo
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Nachlese
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Epilogue
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Es wäre nun noch so mancherlei zu erwähnen, was
bisher aus Mangel an Berührungspunkten zurückgestellt
werden mußte. Da ich meine Leser jedoch nicht allzu
lange mehr langweilen möchte, so will ich alles noch
Ausstehende in möglichster Kürze behandeln. In Klammern
bemerke ich dazu: es ist trotzdem noch eine ganze Menge!
Auf die Frage z.B.: wie nun wohl die neuen Intervalle und
die aus ihnen sich aufbauenden neuen Harmonien zu
benennen wären, will ich überhaupt nicht eingehen, da
hierfür doch wohl nur die allerengsten Fachkreise Interesse
haben dürften.
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There is still many a thing to be mentioned that had to take the
back row for its lack of points of contact. As I don't want to
bore my readers any longer, however, I would like to treat the
pending issues in all possible shortness. In parentheses I
cannot but remark: it is still quite a lot! I'd like to skirt
the question, e.g., of how the new intervals and the new
harmonies building up from them would probably have be to
be designated, since only the most inside circles of experts
might be interested.
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Gegen einige Vorwürfe, die man dem neuen System
gemacht hat, muß ich es jetzt aber notgedrungen noch mit
wenigen Sätzen verteidigen. Zwar gehen fast alle diese
Vorwürfe von Leuten aus, die nie einen einzigen Viertelton
wirklich gehört haben, man könnte sie deshalb als Irrtümer
(verzeihliche oder unverzeihliche) einfach auf sich beruhen
lassen. Da aber bekanntlich nichts in der Welt schwerer
auszurotten ist, wie gerade die Irrtümer, besonders, wenn
sie, wie hier, auf "blinder Meinung" beruhen, so muß
ich wohl oder übel dennoch auf diese Vorwürfe eingehen.
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I feel I have to defend the new system in a few sentences against some
reproaches which were made against it. It is true that almost all these
reproaches come from people who have never really heard one single
quarter tone, they could therefore be done away with as (pardonable
or inexcusable) errors. But since we all know that nothing in world
is more difficult to exterminate than these errors, particularly, if
they are based on "blind opinion" as here, I have to deal with these
reproaches, for better or worse.
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Der erste derselben lautet: Durch Musik mit Vierteltönen
würden die Menschen noch nervöser gemacht werden,
als sie es jetzt schon sind!
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The first of them is: Mankind will become still more nervous than they
already are by music with quarter-tones.
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Darauf wäre zu erwidern: Die Musik an sich macht
die Menschen überhaupt nicht nervös: viele schreiben ihr
ja ganz im Gegenteil sogar eine nerven *beruhigende* Kraft
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One would answer that: Music itself actually does not make men
nervous at all; on the contrary, many ascribe to it a soothing power
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zu und möchten sie deshalb bei manchen Leiden geradezu als
reguläres Heilmittel angewandt sehen. Nur durch *schlechtes*
oder *andauerndes* Musizieren können Menschen allerdings
nicht bloß nervös, sondern einfach rasend gemacht werden.
Schlechte und dauerhafte Musik kann man aber sowohl mit
als auch ohne Vierteltöne verüben. Das Vierteltonsystem als
solches wird also ebensowenig an etwaigen Tobsuchtsanfällen
geschätzter Anwohner schuld sein können wie Musik auf der
bisherigen Basis. Nur immer die Komponisten oder, noch
häufiger wohl: die "kunstbegeisterten" Ausführenden waren
die Missetäter. Da nun aber zu hoffen steht, daß mit
zunehmender Komplizierung der Technik, wie sie ja die
Einführung des bichromatischen Systems zweifellos bedeutet,
sich auch immer weniger *Unberufene* mit Musik befassen
werden, so dürfen wir desgleichen hoffen, daß nun auch
die armen lieben Nächsten allmählich immer weniger mit
Tonfluten seitens ihrer Umwelt überschwemmt werden werden.
Die Musik mit Vierteltönen würde somit die Menschen
nicht nur nicht nervöser machen, sondern ganz im Gegenteil
(wenn auch nur "im Nebenberuf") sogar noch ein
Beträchtliches zur *geringeren* Reizung der menschlichen
Nerven beitragen.
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and would practically like to see it applied as a regular cure
for some complaints. It is just *bad* or *continuous* music making
that can make men not only nervous, but plain furious. But bad and
incessant music can be perpetrated both with and without quarter-tones.
So the quarter tone system as such will be just as little to blame
for the possible tantrums of our estimated neighbors as music on a
traditional basis. The culprits were always the composers or probably
more often the performers, enthused by the art. But since
there is reason to believe that less people will feel called
upon to engage in music when its technical aspects have become more
complicated, as is undoubtedly the case after the introduction of
the bichromatic system, we may also hope that our poor and beloved
neighbors will be inundated by environmental sound washes less and
less. Music with quarter-tones would thus not only not make mankind
more nervous, but would on the contrary even contribute to a considerably
*smaller* excitement of the human nerves (even if that is only its
"part time job").
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Der zweite Vorwurf lautet: Durch die Vierteltöne würde
das ganze temperierte System abgeschafft werden!
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The second reproach is: Quarter tones wll eventually abolish the whole tempered system.
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Zur Widerlegung brauche ich mich eigentlich nur auf
alles bisher Gesagte zu berufen. Ich will jedoch zusammenfassend
noch einmal bemerken: Unser altes System bleibt
nicht nur völlig unangetastet, vielmehr müssen im Interesse
der Symmetrie nun natürlich auch die neuen Stufen wieder
temperiert gestimmt werden. Wir erhalten so *zwei*
temperierte Systeme, die nur eben um einen Viertelton voneinander
entfernt liegen. Das temperierte, das Muttersystem ist
also keineswegs totgeschlagen worden, sondern hat vielmehr
noch ein Junges bekommen!
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For refutating this I need do nothing more than to refer to everything
said so far. Summarizing it, I only want to state once more: not only
does our old system remain completely untouched, on the contrary, for
reasons of symmetry the new steps abviously have to be tuned in the
tempered system, too. This way we get *two* tempered systems, but
differing from each other by a quarter-tone. The tempered system,
its mother, has by no means been struck dead but has brought forth
a young one instead!
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Vorwurf Nr. 3: Infolge des Vorhandenseins von Vierteltönen
würde alle bisherige Musik umkomponiert werden müssen!
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Reproach No. 3: Due to the presence of quarter-tones all past music
will have to be recomposed!
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Hier handelt es sich nun einfach um radikalen Unsinn!
An der Herrlichkeit der Werke aller unserer Meister soll
und darf natürlich auch nicht eine Note geändert werden,
nur den neuen, den kommenden Meistern wird mit den
Vierteltönen ein neues Material an die Hand gegeben. Sie
brauchen es deshalb aber keineswegs in jedem Takt, nicht
einmal in jedem Werk zu verwenden. Ja, sie können es
schließlich überhaupt ganz links liegen lassen, wenn sie
wollen! Also nicht einmal die Meister der Zukunft werden
durch die bloße Existenz der neuen Stufen zu irgend etwas
*gezwungen* sein, geschweige denn, daß deshalb in die
Werke unserer *alten* Meister auch nur ein einziger Viertelton
eingeschmuggelt zu werden braucht. Eine solche Tat
müßte man jedenfalls als "Sünde wider den heiligen Geist
der Kunst", mindestens aber als "schwere Urkundenfälschung"
bezeichnen!
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This is simply a case of radical nonsense! Of course, not one note
shall and must be changed in the glorious works of all our masters,
instead the new, coming masters are handed new material in the shape
of the quarter tones. This absolutely does not mean that they need
to use it in every measure, not even in each work. Yes, they may
bypass it altogether, if they want! So not even the masters of the
future will be forced into anything by the mere existence of
the new scale steps, quite apart from smuggling just one quarter tone
into the works of our old masters. Such an act would merit
the name of "sin against the holy spirit of art" anyway, or at least
"aggravated forgery of documents "!
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Vorwurf Nr. 4: Die Einführung von Vierteltönen bedeutet
das Zurücksinken in primitive, ja barbarische Zustände
niederer Kultur!
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Reproach No. 4: The introduction of quarter tones means reverting
into a primitive, barbarian state of low culture!
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Nun, wenn das zuträfe, dann hätte nie zu irgendeinem
gerade gebräuchlichen System noch irgendein neuer Ton
hinzugefügt werden dürfen, dann hätte die Musik schon
angefangen, barbarischer zu werden, als man der urältesten
fünfstufigen Skala c-d-e--g-a--(c) noch die beiden
Töne _f_ und _h_ einfügte; dann wäre die Musik noch mehr
heruntergekommen, als man im frühen Mittelalter daran
ging, für die Kadenzen der Kirchentonarten fast jeden der
nun vorhandenen sieben Töne chromatisch zu verändern,
dann wäre endlich unsere ganze heutige Musik, also schon
seit Claudio Monteverdi etwa, das heißt: seit anno 1600!!
der Zustand reinsten Menschenfressertums! Aus der Leichtigkeit,
mit welcher sich dieser Vorwurf ad absurdum führen
läßt, ersieht man, mit welcher Leichtfertigkeit er gemacht
wurde. Übrigens kannten ja bereits die alten Griechen
Vierteltöne, und die zählen wir im allgemeinen doch nicht
gerade zu den Kannibalen!
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Now, if this applied, then it should never have been allowed to
add any new tone to any customary system of a time, then music
would already have begun to become more barbaric when the two
tones F and B were inserted into the most ancient
pentatonic scale C-D-E--G-A--(C); then music would have been
debased much more in the early Middle Ages when they started to
change almost every one of then existing seven notes chromatically
for cadences in the church modes, then, finally, would the whole
present state of music, i.e., already since about the time of
Claudio Monteverdi, since 1600 A.D.!! be one of purest cannibalism!
The ease with which this reproach can be reduced ad absurdum
shows the thoughtlessness that produced it. By the way, the ancient
Greeks already knew quarter tones, and yet we do not exactly count
them among the cannibals!
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Vorwurf Nr. 5 mit einigen Unterabteilungen: Das Viertel-
tonintervall wäre viel zu klein, um zwei benachbarte Töne
gehörig voneinander unterscheiden zu können!
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Reproach No. 5 with some subsections: The quarter-tone interval is
much too small for one to be able to differentiate between two
neighbouring tones!
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Nun, das Unzutreffende auch dieser Befürchtung hat ja
alles bisher Gesagte wohl schon bewiesen. Deshalb nur
noch dies Wenige darüber: Das musikalische Ohr hört mit
Leichtigkeit sogar den winzigen Unterschied zwischen einer
reinen und einer temperierten Quinte. Demgegenüber ist
das Vierteltonintervall aber ein wahrer Riesenschritt, und
mit entsprechender Leichtigkeit ist es demgemäß auch auf-
zufassen.
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Well, the fact that this fear is unfounded should already have
been proven by everything said before. Therefore just this little
about it: The musical ear even hears the tiny difference between
a pure and a tempered 5th with ease. Compared to this, however,
the quarter tone interval is truly a gigantic step and can be
perceived with appropriate ease.
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Aus der fälschlich angenommenen übergroßen Kleinheit
des Vierteltonintervalls haben andere Leute nun aber noch
weiter folgern zu müssen geglaubt, mit Hilfe der Vierteltöne
sollten die Fehler unserer Temperatur verbessert werden!
Wie aus soeben Gesagtem erhellt: der Vierteltonschritt ist
dazu viel, viel zu groß. Glücklicherweise! muß man sagen,
denn sonst würden Vierteltöne für Zwecke der Komposition
ja gar nicht in Betracht kommen können. Die Ärmsten
haben sich bei ihrer Folgerung eben ganz gewaltig ver-
rechnet! Oder was wahrscheinlicher: sie haben überhaupt
nicht gerechnet!
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From the erroneously assumed exceeding smallness of the quarter tone
interval other people felt compelled to believe that the errors of
our temperament are improved with the help of the quarter-tones!
As the just said illuminates: the quarter-tone step is much, much
too large for that. Fortunately! one must say, since otherwise
quarter tones would not be suitable for purposes of composition
at all. The poor ones did a very serious miscalculation for their
deduction! Or more probably: they did no calculation at all!
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Manch einer hat sich deshalb auch noch zu der Weis-
sagung verstiegen, man würde Vierteltöne gar nicht ein-
stimmen können!
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Some other ones also presumed for this reason that quarter tones
could not be tuned at all!
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Ach, wenn bei der ganzen Erfindung, oder vielleicht
sage ich im Hinblick auf die alten Griechen besser: bei der
ganzen Neu-Entdeckung doch alles so leicht zu bewerk-
stelligen gewesen wäre, wie gerade das Einstimmen der
neuen Stufen! Jeder leidlich beschlagene Stimmer von Tasten-
instrumenten kann das nämlich im Handumdrehen. Jeden-
falls leisten ihm seine geschulten Ohren hierbei bessere
Dienste, wie den Herren Neunmalweisen ihre gar nicht vor-
genommenen Berechnungen!
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Oh, would that with the whole invention, or perhaps I had better
say, thinking of the ancient Greeks: during the whole re-discovery
everything could have been managed as easily the tuning of the
new scale steps! Each reasonably experienced keyboard tuner, to wit,
can do this in a jiffy. His trained ears anyway will serve him better
here than the unperformed calculations serve the Messrs. Wisecracks!
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Endlich muß ich das neue System noch gegen einen
Vorwurf verteidigen, den merkwürdigerweise nur ich selbst
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Finally I have to defend the new system against another reproach,
which, strangely enough, I alone
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ihm bisher gemacht habe. Er lautet: Die neuen bichroma-
tischen Stufen ergeben sich nicht, wie die alten chroma-
tischen, aus dem Ur-Intervall der reinen Quinte; sie sind
mithin nur eine künstliche Zutat zum alten System!
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raised for it so far. It iss: The new bichromatic steps do not,
like the old chromatic ones, result from the primal interval of
the pure 5th; they are therefore only an artificial addition to
the old system!
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Zweifellos wäre dies der schwerste überhaupt denkbare
Vorwurf - wenn er zuträfe! Aber - es ist damit nicht
halb so schlimm, wie es auf den ersten Blick scheint.
Erstens nämlich: wenn ich so den geliebten Quintenbau
aufführe, so gelange ich von _c_ über g(d?)-a-e-h-fis-
cis-gis-dis-ais-eis niemals wieder in ein richtiges _c_,
sondern immer nur in ein _his_, und zwar in ein _his_, das
merklich höher ist wie die Oktave zu unserem Ausgangs-c.
In unserem temperierten System gibt es nun aber für _his_
und _c_ tatsächlich nur *einen* Ton. Der geliebte Quinten-
zirkel kann mithin nicht einmal als reele Basis für unser
heutiges chromatisches System gelten. Um so weniger braucht
ihn sich deshalb eigentlich das bichromatische System unter-
schieben zu lassen! Aber zweitens: gerade seiner Mängel
wegen nehmen wir nun den Quintenzirkel mit dem größten
Vergnügen auch als Erzeuger des Vierteltonintervalls an.
Denn: führen wir ihn nur noch einige Quinten über das
ominöse _his_ hinaus weiter fort, so *müssen* wir ja schließ-
lich auch einmal an einen Ton gelangen, der mit dem
ersten _c_ (vom Oktavenunterschied abgesehen) das ersehnte
Intervall der bichromatischen Ur-Sekunde bildet. Ich habe
mir zwar noch nicht ausgerechnet, die wievielte Quinte
dies sein wird, aber einmal muß sie, wie gesagt, kommen.
Dies Resultat des Exempels ist jedenfalls mit Sicherheit vor-
auszusehen. Also: wie die älteren Kinder, so vermag auch
der jüngste Sproß der Familie, das Vierteltonintervall, seine
legitime Abkunft vom alten Quintenzirkel-Vater nachzuweisen,
und, wenn nicht ebenso *gut*, dann aber ganz gewiß: ebenso
*schlecht*! Denn beide: Musik und Mathematik leben ja
schon lange in unglücklicher und dazu auch noch recht
leicht anfechtbarer Ehe miteinander!
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Certainly this would be the most serious reproach conceivable -
if it applied! But - things aren't half as bad as they seem at
first sight. First of all: if I lay out the popular construction
in 5ths, I will never again reach another correct C from C via
G-D-A-E-B-F#-C#-G#-D#-A#-E#, but always a B#, this B# being
noticeably higher than the octave of our original C. Our tempered
system, however, actually provides only one tone for B# and
C. So the beloved circle of 5ths cannot even be considered the
real base of our current chromatic system. Much less does the
bichromatic system need it pushed underneath as a foundation!
But secondly: exactly for its shortcomings, we love to assume
the circle of fifths as the generator of the quarter tone, too.
Because: if we only continue it some 5ths beyond the ominous B#,
we *must* finally arrive at a tone which forms the desired interval
of the bichromatic primal second with the first C (disregarding
the octave differences). I haven't yet figured out which 5th this
will be, but as I said, it has to come somewhere.
This result of the example can be predicted with certainty.
So the youngest offspring of the family, the quarter-tone
interval, is able to prove its legitimate descendence from
the ancient father, the circle of 5ths, too, just like the
older children, and if not just as *well*, then quite certainly
just as *badly*! For both, music and mathematics, have already
been living together in an unhappy and even easily contestable
marriage for quite some time!
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Nachdem ich somit alle Vorwürfe hinreichend entkräftet
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Having, I believe, refuted sufficiently all reproaches
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zu haben glaube, die man dem neuen *System* gemacht, ja:
die man ihm wohl überhaupt machen kann, noch ein paar
Worte über ein Bedenken, das viele meiner *Klaviatur*
gegenüber hegen, nämlich: daß es *ungeheuer schwer*
wäre, darauf zu spielen.
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which have been made against the new *system*, or rather, which
could conveivably be made against it, some more words on a doubt
many harbor against my *keyboard*, i.e., that it would be
*incredibly hard* to play on.
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Nun, Worte vermögen hier leider nicht viel auszurichten,
es kommt dabei vielmehr alles nur auf den praktischen Ver-
such an. Ich kann den Leser deshalb vorläufig nur bitten,
mir zu glauben, daß jeder, der mit der alten Klaviatur ver-
traut ist (und nur solche Spieler kommen ja zunächst in
Frage), sich auch *sofort* auf der neuen Klaviatur zurecht-
finden und auch *sofort* die neuen Tasten benutzen kann,
bedeuten sie doch für die Finger sozusagen nur eine "Spiel-
art" der schwarzen Tasten. Ich kann den Leser ferner nur
bitten, mir zu glauben, daß man nach einer Übung von nur
wenigen Wochen (im Tonleiter- und Akkordspiel) sogar schon
über eine sehr respektable Technik auf der neuen Tastatur
verfügt. Von einem Von-grund-auf-neu-lernen-müssen, wie
z.B. bei der Jankó-Klaviatur, die ich im übrigen hoch-
schätze *), kann hier wirklich auf keinen Fall irgendwie die
Rede sein. Wäre es doch so: meine ganze Erfindung hätte
alsdann ihren Beruf verfehlt, und ich könnte mich mitsamt
meinem Deutschen Reichspatent begraben lassen!
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Now, unfortunately, words aren't able to correct much here,
so it all depends on a practical attempt. So for the time being
I can only ask the reader to believe me that everyone who is
familiar with the old keyboard (and only such players are eligible
at first) also gets along *immediately* on the new keyboard and
is also *immediately* able use the new keys, since they only
constitute a new "variety", so to say, of the black keys for
the fingers. I can also only ask the reader to believe me
that after just a few weeks of exercise (in playing scales and
chords) one already commands a very respectable technique on the
new keyboard. There is no talk at all of having to learn all over
again from the start as with e.g. the Jankó keyboard,
which in all other respects I highly esteem *). If this should
nevertheless be the case: my whole invention would then have
missed its purpose, and I could go and be buried along with my
German Reichspatent!
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*) Niemand als ich bedauert es mehr, daß diese Klaviatur trotz
ihren Vorzügen immer noch nicht allgemein im Gebrauch ist. Denn:
viel Kopfzerbrechen hätte mir das bei meiner eigenen Erfindung erspart!
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*) Nobody regrets more than I do that this keyboard is not yet in
general use despite its advantages. For it would have saved me many
a headache with my own invention!
Wer mir aber das alles nicht so ohne weiteres glauben
will (was ich keinem übelnehme, denn ich bin ja halt der
Krämer, der seine Ware lobt), dem steht mein Harmonium
jederzeit in meiner Wohnung nach vorheriger Anmeldung
zur Verfügung. Wer sich jedoch im Vertrauen auf meine
Worte an der Hand des Harmoniums gleich eingehender
mit dem neuen System befassen möchte, dem baut die Firma
Straube in Berlin gern und binnen kurzem genau so ein
Instrument, wie ich es besitze (für Österreich und Ungarn
liefert meine Harmoniums die K. u. K. Hof-Harmoniumfabrik
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To whomever does not want to believe me all this too easily (which
I do not take badly, being as I am the shopkeeper praising his wares)
my harmonium is available at any time in my apartment by appointment.
But for them who, trusting my words, would like to deal with the new
system directly by means of an harmonium, the Straube company in
Berlin will gladly and within a short time build the exact same
instrument I have (for Austria and Hungary, the K. u. K.
Hof-Harmoniumfabrik Teofil Kotzkiewicz in Vienna supplies my harmoniums).
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Teofil Kotzkiewicz in Wien), auf Wunsch auch ein noch
viel vollkommeneres, mit mehreren Registern usw. usw. Der
Preis dafür ist jedenfalls erstaunlich niedrig. Man wolle
ferner dabei nicht vergessen, daß man auf dem Instrument
ja ohne weiteres auch vierteltonlose Musik, und zwar fast
genau wie bisher, spielen kann.
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If so desired, they can be much more perfect, with several stops
etc. etc.. The price for them, to be sure, is amazingly low.
Furthermore one should not forget that one can also easily play
music without quarter tones on the instrument in almost exactly
the same way as before.
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Nun möchte ich noch zwei besondere Fälle erwähnen,
in denen mir der Vierteltonschritt nicht bloß möglich und
sehr wohl angebracht, sondern in denen er mir dem Halb-
tonschritt an Schönheit, an Weichheit der Wirkung geradezu
überlegen, also einfach: richtiger wie dieser zu sein scheint.
In beiden Fällen handelt es sich wieder um bichromatische
Wechsel- resp. Nebennoten, mit denen wir im Verlaufe
unserer Untersuchungen ja schon einmal zu tun hatten,
wenn auch damals von einem anderen Gesichtspunkt aus.
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Now I would like to mention two special cases, where the
quarter-tone step is not only possible and very well suited,
but where it seems to me to surpass the half tone step in
beauty, in the smoothness of the effect, or simply: where
it seems to be more correct than these. Again both cases
concern bichromatic changing or neighboring notes respectively,
which we already encountered in our investigations before,
although at that time from another point of view.
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Man spiele also die Tonfolge Db Fis G Ab:
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So play the tones Db-F#-G-Ab in sequence:
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